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Positive Konjunkturentwicklung – weiter steigende Auslastung

Zu Beginn des Jahres 2002 war die Stimmung in den meisten Unternehmen der chemischen Industrie im Keller: Die Terrorangriffe vom 11. September 2001 stoppten das Weltwirtschaftswachstum und lähmten die Wirtschaft. Neben der rückläufigen Binnennachfrage, die in den Folgejahren bis 2004 noch weiter zurückging, kristallisierte sich der Export 2002 als der wichtigste Impulsgeber heraus.

 

Die Auslandsnachfrage gewann in der Folge an Bedeutung, weil die Nachfrage nach Chemieprodukten in anderen Regionen und Erdteilen der Welt schneller wuchs und wächst als in Deutschland. Damit die deutschen Unternehmen in der chemischen Industrie an diesem Wachstum partizipieren konnten und können, waren und sind Investitionen im Ausland sowie internationale Produktionsnetzwerke notwendig.

Neben der rasch voranschreitenden Globalisierung und dem daraus resultierenden Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen, führte die binnenkonjunkturelle Schwäche, die 2002 und 2003 rezessive Ausmaße annahm, zu einem Kapazitätsabbau, Kostensenkungs- sowie weitergehenden Restrukturierungs- und Umstrukturierungs-programmen. Diese hatten unter anderem eine Konsolidierung und eine verstärkte Internationalisierung zur Folge, welche nach erfolgreichem Abschluss 2005 die Grundlage für den Aufschwung bildete.

Die Restrukturierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen beinhalteten zum einen die stärkere Spezialisierung aufs Kerngeschäft und die Abspaltung von Randaktivitäten und zum anderen die Erschließung von neuen Märkten. Als Beispiel eines solch neuen Marktes sei hier China genannt, welches 2004 fast 10% der weltweit vorhandenen Chemieprodukte verbrauchte. In den vergangenen zehn Jahren stieg die jährliche Nachfrage um 10% und mehr und dürfte alleine 2006 laut Expertenmeinung knapp 20% der weltweiten Nachfrage abdecken. Mit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO im Dezember 2001 wurde die Tür für ausländische Firmen und Investoren geöffnet. Eine Öffnung, die aufgrund des überaus starken und weiterhin florierenden Wirtschaftswachstums Chinas und der daraus resultierend hohen Nachfrage, welche in allen Gebieten der chemischen Industrie das Angebot übertrifft, dringend notwendig wurde und durch die Regierung unterstützt wird. Die Nachfrageübersteigerung und das kräftige Wachstum – Experten erwarten, dass China in den kommenden fünf bis zehn Jahren der zweitgrößte Chemiemarkt sein wird – machen das Geschäft in China doppelt interessant und lukrativ; hohes Wachstum garantiert zum einen steigende Umsätze und die Nachfrageübersteigerung lässt die Preise – sprich die Margen – über das Niveau der Industrieländer steigen.

Die chinesische Chemieindustrie produziert zum größten Teil Massenchemikalien, wovon die petrochemischen Produkte den Hauptteil ausmachen. Staatsbetriebe – wie die drei größten Öl- und Gasunternehmen (China National Petroleum Corporation, China Petroleum & Chemical Corporation und China National Offshore Oil Corporation) setzen bei ausländischen Investitionen eine strenge Kontrolle der Zentralregierung voraus: Joint Ventures, in denen sich die Investoren am Eigenkapital der lokalen Partner – den Staatsbetrieben – beteiligen, sind die Regel. Der Transfer von Finanzmitteln, Technologien, Anlagen und Know-how steht dabei im Mittelpunkt der Zusammenarbeit und des Engagements von ausländischen Unternehmen. Bei der Nennung der Rahmenbedingungen und dem Hinweis auf Chancen und Risiken stellen sich Befürchtungen zur Einmischung des Staates, die noch Mitte der 90er Jahre viele Firmen von Investitionen in China abhielt, als haltlos heraus. Denn es ist davon auszugehen, dass sich die stark regulierte und vom Staat gelenkte Industrie in den nächsten Jahren konsolidieren wird, um sie so für den internationalen Wettbewerb fit zu machen. Neben den bereits dargestellten Chancen sind das rückständige Transportsystem, welches für hohe Transportkosten verantwortlich ist und der Kostentreiber und Unsicherheitsfaktor Energie und insbesondere die Energieversorgung als Risiken anzuführen. Um daher regionale Differenzen in den Rohstoffpreisen und in der Rohstoffversorgung auszunutzen, dürften in den kommenden Jahren viele Investitionen in den nahen und mittleren Osten verlagert werden.

Die Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten bauten seit 1999 bis 2005 Arbeitsplätze ab; während die Zahl der Beschäftigten 1999 in der chemischen Industrie Deutschlands noch bei 477.613 lag, sank sie in den Folgejahren laufend bis auf 439.793 im zurückliegenden Jahr. Der Beschäftigungsrückgang um knapp -8% ging einher mit einer deutlich höheren Arbeitsproduktivität. Die Arbeitsproduktivität je Beschäftigten stieg im dargestellten Zeitraum um über 34% auf 341.446 Euro. Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen, die auch den Aufbau von Produktionsnetzwerken und die vermehrte Arbeitsteilung mit sich brachten, liefern die Begründung für die dargestellte Entwicklung.

Die Gegenüberstellung des Beschäftigten- und Bruttolohn- und Gehaltssummen-verlaufs weist darauf hin, dass die Tarif- und Effektivlöhne in den Jahren 1999 bis 2005 unabhängig beziehungsweise losgelöst von der konjunkturellen Entwicklung angestiegen sind. Während die Zahl der Beschäftigten seit 1999 bis 2005 um 8% zurückging, nahm die Bruttolohn- und Gehaltssumme um 4,76% zu. Die Gründe für den Anstieg liegen in der angestiegenen Produktivität, in den Tarifrunden und in der veränderten Beschäftigtenstruktur. Gerade letzteres weist auf eine Entwicklung hin, die sich in den vergangenen Jahren noch verstärkt hatte; die Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen hatten zur Folge, dass Facharbeiter und weniger gut qualifizierte Arbeitskräfte immer weniger gefragt sind und gleichzeitig der Bedarf – bei beschränktem Angebot – an gut ausgebildeten Mitarbeitern – speziell im Bereich Forschung und Entwicklung – anwächst, was zu höheren Effektivlöhnen führt.

Die Auslastung der Produktionskapazitäten dürfte anhalten beziehungsweise weiter steigen und gepaart mit dem Wachstum 2006 zu einem weiteren Ausbau führen. Der angespannte und labil wirkende Rohstoffmarkt sowie die auf wackeligen Beinen stehende Binnenkonjunktur sind Unsicherheitsfaktoren. Eine erneute Tarifrunde steht zudem im 2. Halbjahr 2006 ebenfalls vor der Tür. D&B und DLM erwarten eine Erhöhung der Tariflöhne, die gar den vollen Teuerungsausgleichs übertreffen dürfte.

 

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